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Katharina Blum, der kränklich und verbittert wirkte
und weitaus älter aussah, als er gewesen sein konnte.
Ihre Mutter, von der sich herausstellte, daß sie krebs-
krank war und im Sterben lag. Ihr Bruder. Sie selbst,
Katharina mit vier, mit sechs Jahren, als Erstkommu-
nikantin mit zehn, als Jungverheiratete mit zwanzig;
ihr Mann, der Pfarrer von Gemmelsbroich, Nachbarn,
Verwandte, verschiedene Fotos von Eise
Woltersheim, dann ein zunächst nicht identifizierbarer
älterer Herr, der recht munter wirkte und von dem
sich herausstellte, daß es Dr. Fehnern, der straffällig
gewordene Wirtschaftsprüfer, war. Kein Foto
irgendeiner Person, die in Zusammenhang mit
Beizmennes Theorien gebracht werden konnte.
5. Ein Reisepaß auf den Namen Katharina Brettloh
geb. Blum. Im Zusammenhang mit dem Paß wurden
Fragen nach Reisen gestellt, und es erwies sich, daß
Katharina noch nie »richtig verreist« gewesen war
und bis auf einige Tage, an denen sie krank gewesen
war, immer gearbeitet hatte. Sie hatte sich ihr
Urlaubsgeld bei Fehnern und Blornas zwar auszahlen
lassen, aber entweder weitergearbeitet oder
Aushilfsstellen angenommen.
6. Eine alte Pralinenschachtel. Inhalt: einige Briefe,
kaum ein Dutzend von ihrer Mutter, ihrem Bruder, ih-
rem Mann, Frau Woltersheim. Kein Brief enthielt ir-
gendeinen Hinweis im Zusammenhang mit dem gegen
sie bestehenden Verdacht. Außerdem enthielt die
Pralinenschachtel noch ein paar lose Fotos von ihrem
Vater als Gefreiten der Deutschen Wehrmacht, ihrem
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Mann in der Uniform des Trommlerkorps, ein paar
abgerissene Kalenderblätter mit Sprichwörtern, eine
ziemlich umfangreiche, handgeschriebene Sammlung
eigener Rezepte und eine Broschüre »Über die Ver-
wendung von Sherry in Soßen«.
7. Einen Aktenordner mit Zeugnissen, Diplomen, Ur-
kunden, den gesamten Scheidungsakten und den
notariellen Urkunden, die ihre Eigentumswohnung
betrafen.
8. Drei Schlüsselbünde, die inzwischen überprüft wor-
den waren. Es handelte sich um Haus- und Schrank-
schlüssel zu ihrer eigenen Wohnung, zu Blornas und
Hiepertz' Wohnung.
Es wurde festgestellt und protokollarisch festgehalten,
daß unter den oben aufgeführten Gegenständen kein
verdächtiger Anhaltspunkt gefunden worden sei; die
Erklärung von Katharina Blum über ihren Benzinver-
brauch und ihre Fahrtkilometer wurde kommentarlos
akzeptiert.
Erst in diesem Augenblick zog Beizmenne einen mit
Brillanten besetzten Rubinring aus der Tasche, den er
offenbar lose dort aufbewahrt hatte, denn er putzte ihn
am Rockärmel blank, bevor er ihn Katharina hinhielt.
»Ist Ihnen dieser Ring bekannt?«
»Ja«, sagte sie ohne Zögern und Verlegenheit.
»Gehört er Ihnen?«
»Ja.«
»Wissen Sie, was er wert ist?«
»Nicht genau. Viel kann es nicht sein.«
»Nun«, sagte Beizmenne freundlich, »wir haben ihn
schätzen lassen, und vorsichtshalber nicht nur von un-
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serem Fachmann hier im Haus, zusätzlich noch, um
Ihnen auf keinen Fall unrecht zu tun, von einem Juwe-
lier hier in der Stadt. Dieser Ring ist achttausend bis
zehntausend Mark wert. Das wußten Sie nicht? Ich
glaube es Ihnen sogar, und doch müßten Sie mir erklä-
ren, woher Sie ihn haben. Im Zusammenhang mit ei-
ner Ermittlung, in der es sich um einen des Raubes
überführten Verbrecher handelt, der dringend mord-
verdächtig ist, ist ein solcher Ring keine Kleinigkeit,
und auch nichts Privates, Intimes wie Hunderte Kilo-
meter, stundenlanges Autofahren im Regen. Von wem
stammt nun der Ring, von Götten oder dem Herrenbe-
such, oder war Götten nicht doch der Herrenbesuch,
und wenn nicht - wo sind Sie denn, als Damenbesuch,
wenn ich es scherzhaft so nennen darf - hingefahren
im Regen, Tausende Kilometer? Es wäre eine Kleinig-
keit für uns, festzustellen, von welchem Juwelier der
Ring stammt, ob gekauft oder gestohlen, aber ich
möchte Ihnen eine Chance geben - ich halte Sie näm-
lich nicht für unmittelbar kriminell, sondern nur für
naiv und ein bißchen zu romantisch. Wie wollen Sie
mir - uns - erklären, daß Sie, die Sie als zimperlich,
fast prüde bekannt sind, die Sie von Ihren Bekannten
und Freunden den Spitznamen »Nonne« erhalten ha-
ben, die Diskotheken meidet, weil es dort zu wüst zu-
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